Krieg und Sanktionen haben auch für das Handwerk folgen

Der Krieg in der Ukrainie schlägt auch auf das Handwerk durch

Kreishandwerksmeister Martin Bauermeister sieht in der aktuellen Lage aber auch eine Chance. Im Gespräch mit einem Journalisten schätzte er die Lage ein.

Helmstedt. Der Krieg in der Ukraine, die Sanktionen gegen Russland – Laut einer Umfrage, die der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) unter den Handwerksbetrieben in Deutschland durchgeführt hat, ist jeder dritte Handwerksbetrieb durch den Krieg und/oder die Saktionen in seiner Geschäftsausübung behindert. Zu den besonders betroffenen Bereichen gehören demnach unter anderem das Bau- und Ausbaugewerbe, Kreativhandwerk, Denkmalpflege, metallverarbeitendes Gewerbe, das Lebensmittelhandwerk und energieintensive Betriebe. Einige wenige Betriebe seien gar in der Existenz bedroht. Ganz so dramatisch ist die Lage im Landkreis Helmstedt offenbar noch nicht, wie Kreishandwerksmeister Martin Bauermeister in einem Gespräch erklärte. Gleichwohl sieht er Probleme auf mehreren Ebenen.

Herr Bauermeister: Welche Auswirkungen des Krieges und der Sanktionen sind für Handwerksbetriebe bereits spürbar?

„Jeder Privatmann merkt es derzeit im Geldbeutel, etwa beim Tanken. Auch die Preise in den Geschäften haben ja angezogen, wenngleich ich das nicht vollständig auf den Krieg oder die Sanktionen schieben würde.“

Wie meinen Sie das?

Wir haben seit Beginn der Corona-Pandemie zum Teil 30 Prozent Preissteigerungen erlebt, und das in allen Bereichen. Ein Ende dieser Spirale sehe ich jetzt, vor dem Hintergrund des Krieges, noch nicht.“

Die Preise an der Zapfsäule sind aber nicht die einzigen Probleme …

Nein, natürlich nicht. Wir leben und arbeiten hier aber in einem Flächenlandkreis. Darum treffen diese Kosten die Handwerksbetriebe hier deutlich mehr als in urbanen Ballungszentren. Dieser Mehraufwand lässt sich nicht immer an die Kunden durchreichen. Hinzu kommen die hohen und weiter steigenden Energiekosten. Denken Sie etwa an Werkstattbetriebe und Bäckereien, also Unternehmen mit hohem Energiebdarf. Die trifft es nun auf mehreren Ebenen.“

Auch das bedarf einer näheren Erklärung …

Die Bäckerein müssen die steigenden Preise für Getreide, teilweise eine Verdrei- bis Vervierfachung, also für das Mehl, abfangen. Und das wird sich fortsetzen. Ich habe eben gelesen, dass Getreidesilos und Dünge- wie auch Pflanzenschutzmittellager in der Ukrainie angezündet wurden, damit diese nicht in die Hände der Russen fallen. Wir sprechen also auch über Verknappung, was die Preise zusätzlich antreibt.“

Rächt sich jetzt die Globalisierung auch im Handel etwa mit Grundnahrungsmitteln wie Weizen?

Da bin ich zwiegespalten. Hätten wir diese Abhängigkeiten nicht, wäre jedes Land in irgendeiner Weise autark. Das ist aber eine Utopie. Zudem würden wir ohne die allgemeine Globalisierung des Handels im aktuellen Fall an Druckmitteln Russland gegenüber verlieren.“

Zurück zu energieintensiven Betrieben: Wohin geht die Reise?

Die Kosten werden zunächst weiter steigen. Ich denke, wir müssen uns da noch auf Einiges gefasst machen.“

Aber die Regierung will gegensteuern …

Richtig, so sieht das derzeit aus. Den Handwerksbetrieben hilft in dieser Hinsicht aber nur eine Senkung der Mineralölsteuer, weil etwa die Mehrwertsteuer für sie ein Druchlaufposten ist, Eine Senkung würde hier keine Entlastung bringen.“

Sie haben eben von Materialverknappung gesprochen. Das kennen wir aber schon aus Corona-Zeiten.

Ja, und wir haben gelernt, damit umzugehen. Wir lassen uns wieder etwas einfallen, improvisieren. Ich erlebe sehr viel Verständnis von den Kunden, das vor Corona noch nicht vorhanden war. Allerdings haben wir noch ein Problem.“

Das wäre?

Es fehlt an LKW-Fahrern. Weil den Job hier niemand mehr machen mag, waren das, so zumindest meine Erfahrung, häufig Menschen aus der Ukraine. Wir sprechen also auch über Verzögerungen in den Lieferketten. Und wenn wir den Bogen weiter schlagen: Corona ist noch nicht vorbei. In China etwa steigen die Infektionszaheln, ganz Städte und Regionen werden abgeriegelt. Und wieder wird das Material knapp.“

Das ist eine düstere Prognose …

Na ja, vieles, was wir noch als selbstverständlich empfinden, wird an einigen Stellen in Zukunft sicher schwieriger werden. Aus der Gesamtsituation können aber auch positive Dinge erwachsen. Es gibt jetzt schon Anfragen von Ukrainern, die gern im regionalen Handwerk arbeiten möchten. Dazu führen wir gerade Gespräche.“

Herr Bauermeister, vielen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte Erik Beyen.

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